Alexander Kobler

Fangfotos in der Nacht (Teil 2)

Fangfotos in der Nacht (Teil 2) | Hammer Tackle

Das Wichtigste für ein nächtliches Fangfoto ist Motivation. Dafür muss man den inneren Schweinehund erst einmal überwinden – was nachts um drei nicht immer einfach ist. Gelingt das allerdings, hilft einem schnell die Routine – und ein geschultes Auge bei der Suche nach dem passenden Hintergrund.

Genauso wie am Tage spielt auch in der Nacht der Hintergrund eine wichtige Rolle für ein schickes Foto. Es besteht eben aus deutlich mehr als nur Fänger und Fisch. Bei der Suche nach dem passenden Hintergrund ist in der Nacht ein Umstand allerdings grundlegend anders: Man sucht nicht nach einem schönen Ausblick, den man nachts sowieso nicht ausleuchten kann und der dann einfach nur schwarz wird, sondern nach etwas, vor dem man den Fisch in einem Abstand von höchstens einigen Metern präsentieren kann. Ja, man braucht etwas, das durch das (Rest-)Blitzlicht, das in der Intensität ja für den Fänger und Fisch bestimmt ist, noch etwas aufgehellt wird, so dass der Fänger nicht nur im Dunkeln sitzt.

Also wie sieht das aus in der Praxis: Nach dem Keschern legt man den Fisch vorsichtig in die nasse Wiegeschlinge (am besten eine mit Auftriebskörpern, die von alleine breit aufstellt und aus fischhautschonendem Material ist), die auf der Abhakmatte bereits geöffnet liegt. Nach kurzem Wiegen kommt der Fisch dann wieder in der Wiegeschlinge (Retention Sling) zurück ins Wasser, so dass man sich fünfzehn Minuten Zeit nehmen kann, um alles für das Foto vorzubereiten. Dieses kurze Hältern ist noch nicht ausreichend für die vollständige Erholung und der Karpfen kann zwar kurz „durchatmen“, ist aber noch absolut ruhig fürs Fotografieren.

In diesen fünfzehn Minuten schaut man sich in der Nähe der Angelstelle nach einem passenden Fotohintergrund um. Gebüsch, Felsen, Graffitiwand, Bagger oder Schilf: Hauptsache man hat circa ein, zwei Meter davor eine flache Stelle auf der die Abhakmatte eben gelegt werden kann. Je mehr Struktur und Tiefe („Dreidimensionalität“) der Hintergrund hergibt, desto besser. Das Geäst eines umgefallenen Baumes sieht einfach besser aus als eine monotone Hecke. Je nachdem ob man nur den internen Kamerablitz, einen aufsteckbaren Blitz oder mehrere Blitze verwendet, wählt man den Abstand zum Hintergrund zwischen einem und fünf Metern. Je schwächer nämlich das Blitzlicht, desto näher muss man vor den Hintergrund rücken, wobei man bei mehreren Blitzen natürlich auch die Möglichkeit hat, einen davon hauptsächlich für den Hintergrund zu gebrauchen und man dadurch ruhig etwas Platz zum Hintergrund lassen kann. So entsteht auf dem Foto eine schöne Hintergrundunschärfe (Bokeh). Ja wirklich, der Blick für den richtigen Hintergrund ist die halbe Miete für ein gutes Fangfoto in der Nacht.

Mit dem integrierten Blitz oder einem größeren, aufsteckbaren Blitz kann mit den richtigen Einstellungen (siehe Teil 1) gleich losgelegt werden. Bei der Verwendung eines oder mehrerer entfesselter Blitze müssen natürlich erst noch die Banksticks oder Stative für die Blitze positioniert werden. Das ist aber auch kein Hexenwerk. Egal ob man einen oder mehrere entfesselte Blitze benützt, man richtet sie am besten in einem Winkel von 0° (in der Verlängerung des Fisches) bis 45° (90° würden einen orthogonalen Winkel zum Fisch bedeuten) auf den Kopf oder die Schwanzflosse des Fisches. Dabei dürfen die Blitze ruhig drei bis fünf Meter vom Fisch entfernt sein, also manchmal sogar noch weiter weg als die Kamera selbst.

Das Foto vom Foto, alles alleine und per Selbstauslöser. Man wächst mit den Herausforderungen :).

Einen einzelnen entfesselten Blitz („Slave“) richtet man dabei am besten auf den Kopf des Fisches, wo viel weniger Reflektionen entstehen als auf der Schwanzflosse und der Fisch zudem beeindruckender aussieht. Bei der Verwendung von zwei „Slaves“ richtet man einen auf den Kopf und einen auf die Schwanzflosse. Dabei kann bei Bedarf der integrierte Blitz der Kamera oder ein aufgesteckter Blitz zusätzlich aus der Richtung der Kamera blitzen, dann aber deutlich schwächer eingestellt als die zwei „Slaves“.

Und hier das Resultat der Situation auf dem vorherigen Foto.

Der Rest dieses Artikels ist eher für die Angler interessant, die durch eine Nachbearbeitung mehr aus ihrem Foto rausholen wollen. Im Normalfall mit integriertem Blitz und den richtigen Einstellungen, braucht man auch nicht mehr viel machen. Doch wer perfektionistisch veranlagt ist, vielleicht manuell blitzt oder Fehler des Fotos ausbügeln muss, kommt um die Nachbearbeitung nicht drum herum. Dazu empfiehlt es sich die Fotos in RAW (eine nicht komprimierte Fotodatei) aufzunehmen, da die üblich verwendeten JPEGs deutlich weniger Spielraum für eine Nachbearbeitung haben und man dabei deutlichen Qualitätsverlust in Kauf nehmen muss.

Eines der beliebtesten Programme für die Nachbearbeitung ist Lightroom von Adobe. Lightroom ist relativ einfach zu lernen und zu verstehen, absolut kraftvoll und dazu auch noch völlig bezahlbar (ca. 110 € für die alten Versionen, die neuen gibt es leider nur noch im monatlichen Abo). Bezogen auf die nächtliche Mann-Fisch-Fotografie kann man das Foto auch tatsächlich mit wenigen Handgriffen deutlich verbessern. Dazu reichen gerade mal drei einfache Einstellungen:

1) Tiefen: Meistens ist der Hintergrund etwas zu dunkel, was ganz einfach davon kommt, dass ja vor allem auf den Fisch belichtet wird, der am nächsten zur Kamera ist und zudem durch seine feuchte Haut das Blitz- oder LED Licht auch noch reflektiert. Eine optimale Belichtung auf den Fisch bedeutet also, dass der Hintergrund etwas zu dunkel wird. Beim unten gezeigten Lightroom-Beispielfoto kann man da überhaupt nicht meckern, da die hellen Felsen das Blitzlicht gut reflektieren. Doch selbst bei diesem Foto kann man die Tiefen noch etwas aufhellen (hier +24), was einen insgesamt stimmigeren Eindruck vermittelt. Bei richtig dunklen Hintergründen kann man die Tiefen auch ruhig mal auf +70 stellen, so lange der Qualitätsverlust dadurch nicht zu groß wird. Denn bei zu stark aufgedrehten Tiefen entsteht „Rauschen“, was sich durch meist rötlich leuchtende und relativ grobe Pixel in den aufgehellten Bereichen bemerkbar macht. Es gibt also durchaus Grenzen bei der Nachbearbeitung und man ist immer gut beraten ein Foto bereits vorher so gut wie möglich zu belichten.

2) Belichtung: Nicht jedes Nachtfoto ist top belichtet. Die TTL-Messung des integrierten oder des aufgesteckten Blitzes (siehe Teil 1) ist genauso wenig unfehlbar wie das eigenständige und manuelle Einstellen der Blitzstärke. In den allermeisten Fällen ist das Foto ein klein wenig zu dunkel, was oft ähnliche Gründe hat wie bereits bei den „Tiefen“ beschrieben. Eine Verschiebung der Belichtungseinstellung zwischen 0 und +2 regelt das ohne größere Probleme, wobei auch hier Grenzen durch den Qualitätsverlust durch Rauschen gesetzt sind. Ganz übertreiben sollte man es halt nicht, da das Foto ja auch immer noch wie ein Nachtfoto wirken sollte.

3) Lichter: Mit dem Schieberegler „Lichter“ kann man übermäßige Reflektionen, zumeist vom Fisch kommend, beseitigen. Das funktioniert ganz gut, beseitigt aber auch die Lichter und Reflektionen, die vom Hintergrund kommen. Alternativ kann man in Lightroom auch immer den Korrekturpinsel anwenden und so nur ausgewählte Bildbereiche bearbeiten. Den Korrekturpinsel findet mal als große „Stecknadel“ ganz rechts oben, gleich unter dem Histogramm. Mit einem Kreis, dessen Größe und dessen „Weiche Kante“ man wählen kann, markiert man die Stellen, die man ändern will, in diesem Fall die Fischfläche, und kann dann mit den Schiebereglern zum Beispiel die „Lichter“ reduzieren. So nimmt man dem Fisch die Reflexion und er kommt besser zur Geltung. Aber auch hier übertreibt man lieber nicht, da man seine Haut sonst zu sehr abdunkelt und es unnatürlich aussieht. Denn Fotobearbeitung soll ja nur dazu dienen kleine Fehler des Bildes zu verbessern.

Außerdem ist die Möglichkeit interessant in Lightroom den Weißabgleich (WA), bestehend aus Farbtemperatur und Tönung, nachträglich anzupassen. Die Kamera trifft nämlich auch hier nicht immer die beste Entscheidung bei ihrem automatischen Weißabgleich und ein Foto kann zum Beispiel zu bläulich oder zu gelblich erscheinen. Anstelle also einen unschönen Weißabgleich der Kamera zu übernehmen kann man auch die Standardeinstellung für „Blitz“ wählen oder selbst feintunen („Benutzerdef.“), ob man die Bildtemperatur „kälter“ (bläulicher) oder „wärmer“ (gelblicher) will. Das kann vor allem nötig sein, wenn man (zusätzlich) sehr bläuliche oder gelbliche Video-LED-Lampen benützt.

Natürlich kann man in Lightroom die wichtigsten Einstellungen auch automatisch von der Software ausführen lassen. Die Option dazu findet man direkt unter der Box für den Weißabgleich (WA) durch das Bestätigen der „Autom.“ Funktion. Das macht das Programm auch meistens ganz ordentlich, allerdings wird das Foto quasi immer zu hell belichtet (Belichtung), was man aber einfach wieder runterregeln kann. Außerdem sollte man sich auf die „Kontrast“-Anpassung auch meistens nicht verlassen. Den Kontrast lässt man im Zweifelsfall immer auf 0, bei zu dunklem Hintergrund kann man ihn aber auch etwas runterregeln (maximal -25); das aber nur am Rande erwähnt.

So, jetzt bleibt nur zu hoffen, dass vor allem die Informationen der zweiten Hälfte diesen Artikels, nicht demotivierend und unnötig verwirrend wirken. Die wichtigsten Botschaften sollten einfach und simpel sein: Man muss Karpfen nachts nicht sacken und Fangfotos in der Nacht haben ihren ganz eigenen Charme. Nein wirklich, es lohnt sich. Und wenn man den Schweinehund in der Kälte um drei Uhr überwindet, dann ist man danach umso geflashter von dem wachen Moment mitten in der Nacht, der Stille, der dunklen Kühle und dem Anpassen daran. Man fühlt auch sofort, dass es richtig ist, wenn man den Karpfen langsam und unversehrt zurück ins schwarze Wasser gleiten sieht.

Alexander Kobler

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