Bekannte Gefilde
Nach einem schnellen Einkauf Sonntagmittag, um mich wieder mit den nötigen Lebensmitteln für die kommenden Tage einzudecken, kam ich kurze Zeit später am mir schon bekannten Gewässerabschnitt an. Hier hatte ich schon vor etwa 2 Wochen mit Michael geangelt und auf Anhieb meinen PB fangen können. Außer einem netten französischen Karpfenangler, der gerade zusammen packte um die Stelle zu wechseln, war hier niemand und ich konnte in aller Ruhe meinen favorisierten Spot beziehen.
Ich konzentrierte mich diesmal mit Ausnahme der vierten Rute auf die flachen krautigen Bereiche. Ein aktionsloser erster Tag und die folgende Nacht gaben mir zumindest genug Ruhe, um etwas Zeit vorm Laptop zu verbringen. Diese Zeit für mich alleine brauchte ich immer mehr und fühlte sich gut an, häufig rückt das Angeln dabei schon fast in den Hintergrund und die Ruten lagen oft für viele Stunden unangetastet im Wasser. Ein Umstand der sich auf meiner Tour in diesem Jahr nun schon häufig als positiv herausgestellt hat. So bekam ich immer mehr das Vertrauen, den Dingen unter Wasser Zeit zu geben. Natürlich ist diese „Taktik“ gewässerabhängig.
In diesem Falle funktionierte es wieder und gerade als ich mir eine frische Erdbeer- Sahne Schüssel zubereitet hatte, lief mitten am Nachmittag bei strahlendem Sonnenschein eine Rute ab, die ich vor einem Krautfeld platzierte. Die erste Flucht des Fisches war so brutal, dass ich ihn nicht bremsen konnte und ich direkt einen großen Wels am anderen Ende vermutete. Ich setzte mich ins Boot und fuhr dem Fisch entgegen, da er ins dichte Kraut geschwommen war. Nach kurzem aber heftigem Drill konnte ich einen extrem dunklen Spiegler einnetzen – doch kein Wels!! Ich war fasziniert von dieser Färbung und machte ein paar Bilder in der angenehm wärmenden Sonne.
Was ist da los?!
Als ich meine Rute wieder Richtung Krautfeld brachte, bemerkte ich plötzlich viele dunkle Rücken, die sich durch das flache Wasser schoben. Ich war für kurze Zeit fassungslos und beobachtete einfach still treibend diese Kreaturen. Die Fische sammelten sich durch das schnell erwärmte Wasser der letzten beiden Tage dort im großen Krautfeld. Überall waren Karpfen und immer wieder sah ich Wolken von erschrockenen Fischen neben meinem Boot, die mit einigen Flossenschlägen das Weite suchten.
Dieser Anblick ließ mich meine komplette Taktik umswitchen und ich montierte an 3 von 4 Ruten auffällige Choddys, die ich in sehr flache Krautlücken platzierte. Ich war mir sicher das der erste Biss nicht lange auf sich warten lässt. Es war gerade die perfekte Zeit!!
Es war schon am Dämmern, als sich eine meiner frisch gelegten Choddyruten meldete während ich noch meine vierte und einzige tiefe Rute kontrollierte. Leider ein Fehlalarm und ich hatte keinerlei Kontakt, als ich die Rute aufnahm.
In der Nacht fing ich einen schönen Spiegler und eine Schleie, die vermutlich mein „Schleien-PB“ darstellte. Am Morgen, ich war noch am rumdösen, lief erneut eine Rute ab, wieder ein kräftiger Spiegler. Alle Fische waren prall gefüllt und deuteten auf die kurz bevorstehende Laichzeit hin. Die Wassertemperaturen ließen jedoch noch auf etwas ganz anderes schließen… Im Laufe des Tages konnte ich noch einen weiteren schönen Schuppi fangen, der nicht an der kleinen Fluo-farbenen Falle vorbeischwimmen konnte. Nach den paar warmen Tagen kühlte sich mal wieder das Wetter etwas ab und aufgrund einer fischlosen Nacht vermutete ich das Verlassen der Fische, dieses flachen Gewässerareals. Als am Vormittag der französische Angler vorbeikam, den ich am ersten Tag kennenlernte und mir dieser im Gespräch mitteilte, dass die Fische am laichen waren, wollte ich seine Worte erst nicht glauben, konnte mich von diesem Spektakel aber völlig erschüttert selbst überzeugen. Im Krautfeld etwa 150 Meter entfernt brodelte das Wasser und geschätzt hunderte Rücken zappelten sich durch das flache Wasser. Ich war so vertieft in meine Arbeit am Laptop, dass ich davon nix mitbekam. Auch wegen des abgekühlten und bedeckten Wetters hätte ich nicht im Traum daran gedacht die Fische beim laichen erleben zu können. Die aktuelle Wassertemperatur lag aktuell nur bei 14,5 Grad!!! Die paar warmen Tage zuvor schien die Fische jedoch so in Liebeslaune versetzt zu haben das sie sich von dem kalten Wasser und dem schlechten Wetter wenig stören ließen.
Lehrreiche Tage
Ich wusste, dass die Aktionen nun sicher – wenn überhaupt nur noch vereinzelt kamen. Dennoch fand ich es interessant, genau zu dieser Zeit am Wasser zu sein und diesen kurzen Zeitraum mitzuerleben und dabei zu beobachten wie sich der Umstand des Laichens auf das Beißverhalten niederschlägt und wie sich das nun wieder kühlere Wetter auf den Laichprozess einwirkt. Die Fische waren 2 Tage am Laichen bis ein starker Temperatureinbruch von circa 10 Grad ein erneutes abkühlen der Wassertemperaturen auf 12 Grad bewirkte und damit den Abbruch des Liebesspiels oder aber ein schon beendetes Laichgeschäft das verlassen dieses Areals zur Folge hatte. Ich konnte zum Zeitpunkt des Laichens bis zu meiner Abreise 2 Tage später- in der das Wetter zusammen brach, noch eine gefüllte Spieglermutti fangen, die vermutlich noch nicht ganz so weit war, wie viele ihrer Artgenossen.
Hätte Ich dieses Laichspektakel nicht mit den eigenen Augen erlebt hätte ich denjenigen verrückt erklärt, der mir erzählen wollte, dass sich die Fische bei dieser Wassertemperatur fortpflanzen. Ich wurde mal wieder eines Besseren belehrt und mir wurde gezeigt das nix in Stein gemeißelt ist. Jeder Prozess ist ganz individuell und nicht exakt wiederholbar.
Ein Tag Pause
Den stark abgekühlten und verregneten Tag wollte ich dafür nutzen meine mittlerweile angekommenen reklamierten Ersatzteile der letzten Zeit bei Sebastien abzuholen und dabei mit ihm einen gemütlichen Tag auf seiner Farm zu verbringen.
Wie es bei einer dauerhaften Beanspruchung des Materials vorhersehbar ist, gehen hin und wieder Sachen kaputt oder quittieren ihren Dienst. So war mir bei der gemeinsamen Session mit Michael vor 2 Wochen bei einer etwas kräftigeren Ruderaktion eines meiner Paddel durchgebrochen. Die Lieferung eines Ersatzes erfolgte anstandslos, zügig und problemlos. Auch mein Benzinkocher quittierte während der Session mit meinem Kumpel Starki vor circa 3 Wochen seinen Dienst und nach etlichen Reperaturversuchen am Wasser forderte ich letztendlich eine Ersatzlieferung des von mir diagnostizierten defekten Teils an. Auch dieser Benzinschlauch fand den Weg einige Zeit später zu Sebastien. Der Umstand eine französische Adresse zur Verfügung zu haben ist unbezahlbar und würde solche Angelegenheiten deutlich schwieriger machen.
Und wieder zurück
Als ich eine Nacht im Van auf Sebastien’s Farm verbachte und Ich am nächsten Tag eine Paketlieferung im nächsten Paketshop in Auftrag gegeben hatte entschloss ich mich erneut zum „Laichplatz“ zu fahren an dem ich in den letzten Tagen so gut fangen konnte. Ich wollte sehen wie die Fische sich nun verhielten. Waren sie noch im Areal? Fressen sie überhaupt noch oder ruhen sie sich nach den Strapazen der letzten Tage aus? Ich wusste nicht wie sich das vorangegangene Laichgeschäft mit dem Wetterumschwung auf die Aktivität der Fische verhält und wollte es herausfinden. Schließlich galt es noch ein paar Tage herumzukriegen in denen Ich zwei Paketlieferung zu Sebastien erwartete.
Für die erste Nacht blieb ich bei meiner zuletzt gewählten Taktik und platzierte erneut 3 Ruten an denselben Plätzen wie in den Tagen zuvor mit auffälligen Choddy‘s. Einige gefütterte Boilies die ich im knietiefen Wasser des einst noch gut laufenden Spots vorfand ließ mich jedoch schon darauf schließen, dass die Fische nicht mehr im Gebiet fressen. Die Wassertemperatur von nun mehr 12 Grad war ein zusätzlicher Faktor welcher mich die Fische in tieferen Bereichen vermuten ließ.
Spotwechsel
Nachdem ich wie schon erahnt eine ruhige Nacht hatte, lief ich am sonnigen Montagmittag etwas am Ufer entlang um eventuell ein paar Fische zu erspähen und siehe da nach genauerem Hinschauen konnte ich ein paar Fische finden die unauffällig unter einem großen, im Wasser liegenden Baum Schutz suchten. Sofort war mein Jagdinstinkt geweckt und ich kurbelte kurze Zeit später die Ruten ein um einen schnellen Move „um die Ecke“ vorzunehmen. In diesem Gewässerbereich war das Wasser durch dessen Lage drei Grad wärmer und animierte scheinbar diesmal die Brassen sich auf ihr Laichgeschäft vorzubereiten. Irgendwie eine verdrehte Welt aber in einem großen Krautareal das ich mit meiner Polbrille genau inspizierte fand ich Unmengen dieser Artgenossen, die hier scheinbar stattliche Größe erreichten. Karpfen konnte ich unter diesen schon fast verwechselbar großen Fischen leider keinen ausmachen. Dennoch wollte ich mein Glück mit 2 Ruten in diesem „Brassenareal“ versuchen. Es ist ja bekannt das sich Karpfen immer in der Nähe der laichenden Artverwandten aufhielten um dessen Laich zu fressen. Also wollte ich meine Zeit nutzen und diesen Fakt auf seine Richtigkeit überprüfen. In meiner früheren Angelei zum Beispiel in den großen Gewässern Mecklenburgs konnte ich diese These jedenfalls nie bestätigen.
Nach einer zweiten erfolglosen Nacht war ich etwas ernüchtert das ich Nahe der Holding Areal die Ich am Vortag ausgemacht habe, keine Aktion hatte. Habe ich doch im Laufe des Tages dort noch zwei weiter Male die Fische beim entspannen beobachtet- musste dabei aber schon feststellen das sie sich aktionslos unter dem Baum ausruhten und nicht gerade den Anschein machten auf Nahrungssuche zu sein. Meine Hoffnung lag daher in der Nacht da ich dann ein Verlassen der „sicheren Zone“ vermutete und ein aufsuchen meines nahgelegenen Futterplatzes.
Unterbrechung bei der Arbeit
Als ich am Nachmittag meinen Fahrradträger am Auto instand setzte, welches sich ein paar Meter hinter meinem Angelplatz befand unterbrach mich plötzlich meine Funkbox mit einem Dauerton. Mit einem schnellen Sprint sprang ich ins Wasser und fuhr dem Fisch entgegen, der meinen Köder am „Brassenkrautfeld“ aufgenommen hatte. Ein Spiegler mit einer völlig anderen Körperform als meine bisher gefangenen Fische hier, fand den Weg in meinen Kescher. Er hatte die Form eines typischen Flussfisches, ein riesiges Maul wie es seine doppelt so schweren Artgenossen nicht einmal hatten, Jede einzelne Flosse war völlig individueller Größe und Form, ein uriger Fisch- vermutlich befand er sich schon im Rückbau. Die Freude über diese meiner Meinung nach schon sehr alte Kreatur war groß und zufrieden beendete ich meine unterbrochene Arbeit am Fahrradträger.
Der Fisch biss mal wieder auf eine Rute die länger als 24h unberührt lag, diese doch immer häufiger angewandte „Taktik“ entstand tatsächlich eher aus der Ursache das ich in der letzten Zeit einfach unheimlich viel am Laptop verbrachte und ich meine Ruten daher mindestens 24h unberührt an den Plätzen liegen ließ häufig wurden es auch mal 48 Stunden und mehr. Natürlich funktioniert dies nicht immer und man sollte dabei viele andere Faktoren berücksichtigen, aber an denen von mir im bisherigen Frühjahr beangelten Gewässern führte es immer öfter zum Erfolg und vor allem größere Fische verirrten sich auffällig häufig auf meiner Abhakmatte. Ob dies nur ein Zufall ist oder es tatsächlich an der langen „Liegezeit“ liegt lässt sich nur mutmaßen. Solange man jedoch Vertrauen in die Haltbarkeit seiner Hakenköder und auf das gute Ablegen seiner Montage hat spricht nicht unbedingt viel dagegen. Nur die innere Unruhe und die meist nicht ausreichende Gelassenheit bringen einen oft dazu, doch mal „nachzuschauen“ und die Ruten zu kontrollieren. Meist stellte ich dabei fest das alles noch im Lot war.
Der verkrampfte
Mitten im Tiefschlaf riss mich plötzlich erneut mein Bissanzeiger aus dem Schlaf, der Biss war Karpfen untypisch und nach kurzer Kontaktaufnahme dachte ich an einen Beifang. Da der Fisch am eigenen Ufer biss und dort einiges an Holz im Wasser lag schwang ich mich ins Boot um den Fisch etwas ins Freiwasser zuziehen. Kurze Zeit später, nach einem etwas merkwürdigen eher welsartigen Drill erblickte ich mal wieder einen prallgefüllten- nicht abgelaichten Spiegler im Schein der Kopflampe.
Nach dem Keschern bereitete Ich die Matte und die Kamera vor um ein paar Fotos zu schießen. Sobald Ich den Fisch berührte krampfte dieser so stark das ich mir sorgen um seinen Zustand machte. Ich schoss nur schnell ein Foto vom Fisch in der Matte um noch einen kurzen Versuch im Wasser zu machen. Nach einigen etwas „entkrampfteren“ Fotos ließ ich den Burschen direkt wieder schwimmen. Eventuell hatte der Stress der Laichzeit oder die stark schwankenden Temperaturen etwas mit diesem Verhalten zutun… oder Karpfen können ebenso Krankheiten wie Epilepsie haben… ich weiß es nicht. Jedenfalls ging mir hier das Wohl des Fisches vor und Ich beeilte mich umso mehr mit dem Landgang.
Zeit zum Weiterziehen
Zwei weitere Tage mit wechselhaftem Wetter, mäßigem Wind und milden Temperaturen knapp unter 20grad, verbrachte ich an der Stelle ohne weitere Aktion als Ich nach insgesamt 5 Nächten am Gewässer zurück zu Sebastien aufbrach um zwei Pakete in Empfang zu nehmen die Ich schon sehnsüchtig erwartete.
Nach einem kurzen Aufenthalt bei Sebastien hatte ich noch keinen genauen Plan wo ich an diesem Abend nächtigen wollte ich wusste nur das ich am nächsten Tag ein neues Gewässer in den Vorpyrenäen anfahren wollte um dort schonmal die Lage zu checken da ich dort die folgende Woche zusammen mit Christoph-einem netten jungen Mann den ich letztes Jahr am Salagou kennenlernte, gemeinsam zu fischen.
Sebastien gab mir einen Übernachtungstipp den ich direkt anfuhr und etwa 20 Minuten später erreichte. Ein kleiner See ganz in der Nähe an dem ich eigentlich nur Abendbrot essen wollte um dann bei Zeiten schlafen zu gehen. Da ich aber eine Stelle fand an der ich direkt aus dem Auto fischen konnte, landeten drei Ruten mit den gerade frisch bespulten, neuen Rollen im Wasser. Wenn man schon solche Stellplätze vorfindet, kann Ich ja nicht aktionslos direkt am Ufer eines Gewässers parken an dem man Nachtangeln darf. Nach einer schnellen Präparation der Ruten und einem ordentlichen Abendbrot im Bulli schrieb ich noch ein wenig an diesem Text um mich anschließend ins Bett zu legen.. es geht schließlich auf 0 Uhr zu. Gute Nacht….
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Daniel & Alex
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