Auf nach Holland
Seit meinem ersten Besuch in Holland, im vergangenes Jahr, lässt mich dieses Land nicht mehr los. Zu eindrücklich ist diese Gegend. Großstädtisches, blühendes Leben geht Hand in Hand mit wilder, unentdeckter Natur. Verbringe ich einen Abend im Herzen großer und alter Städte, besteht trotzdem die Möglichkeit innerhalb weniger Minuten zu friedvollen Auenlandschaften großer Flüsse zu gelangen. Gepaart ist diese Landschaftliche Diversität mit, zumindest für meine persönliche Auffassung, sehr interessanten anglerischen Möglichkeiten. Um eine Routine in meinem neuen Lebensstil zu entwickeln stellte ich mir diese Gegend als den perfekten Ort vor. Vielleicht muss ich dieses Vorhaben kurz erläutern. Es war mein Ziel, ein System für das Leben im Auto einzubürgern, mit welchem ich mich sowohl in Städten wie in wilder Natur zurecht finden können würde. Eine gute Routine im Alltag sowie ein gutes System in den eigenen sieben Sachen macht das Leben für mich entspannter und unkomplizierter.
City of Night
Mit einem leisen platschen landet meine erste Rute in den dunklen, langsam vor sich hin fließenden Fluten. Einmal wieder hat es mich tief in das Herz einer holländischen Stadt verschlagen. Sanfte Wellen schlagen gegen die befestigten Ufer des Kanals, jedes mal wenn ein kleines Boot die Wasserstraßen entlangschippert. Obwohl es tief in der Nacht ist, höre ich von allen Seiten Geplapper und Geschnatter. Hier in Holland schein das Leben nach wie vor weiterzugehen, zumindest sind Straßen und Promenaden von fröhlichen Studenten gefüllt. Natürlich konnte ich nicht anders als mich genau hier, an einem der beliebtesten Treffpunkte der Jugend, für die Nacht niederzulassen. Erstaunte Blicke ernte ich, wenn ich anstatt mit Bier in der Hand, mit Angelruten angestiefelt komme. Oftmals werde ich in Gespräche verwickelt, knüpfe Kontakte und lerne so hautnah das junge, holländische Leben kennen. Um nicht allzu sehr aus dem Rasta zu fallen, achte ich auch heute Nacht darauf, gut gekleidet zu sein und nicht wie ein versiffter Buschmensch aufzukreuzen.
Doch auch manches Gesindel treibt sein Unwesen in der Dunkelheit. Berauscht vom Bier, Gras und Koks torkeln immer wieder skurrile Gestalten an mir vorbei und werfen mir neugierige Blicke zu. Ständig vergewissere ich mich, dass alle Türen geschlossen, alles Wertvolle gut verstaut ist. Hier fahrlässig zu sein, mit dem eigenen Hab und Gut, kann schnell zu einem bösen Erwachen führen. Nein, erholsam ist es an diesem Ort nicht, dafür aber aufregend und einzigartig.
Schon kurz nach dem Einbrechen der Dunkelheit wurde ich von einer ganz anderen Art von Quälgeistern heimgesucht. Brassen! Diese Biester können die sowieso schon kurzen Nächte zur wahren Tortur werden lassen. Um zumindest etwas selektiver angeln zu können knüpfe ich mir lange Monorigs mit großen Bodenködern zurecht, füttere größtenteils harte Boilies und das auch nicht zu zentriert.
Doch es ist warm, selbst jetzt kurz vor Mitternacht. Gedanken an laichende Karpfen schwirren durch meinen Kopf, genauso quälend wie herumschwirrende Mücken. Wird auch diese Nacht erfolglos ? Die vergangenen Nächte verliefen ruhig, nur in den Morgenstunden fing ich vereinzelt Karpfen. Am ersten Morgen des Aufenthalts tatsächlich sogar ein Unikat, doch die dadurch aufkommenden Hoffnungen wurden schnell enttäuscht. Nein, mit Massenfängen ist hier gerade nicht zu rechen, dafür besteht jederzeit die Chance auf einzigartige Karpfen.
Im Morgennebel, nach wenigen Stunden Schlaf, erwache ich zu einigen Pipsern. Im Auto bekam ich kaum Ruhe, denn die einzige Möglichkeit zu parken bestand just neben der Hauptstraße. Schlaftrunken torkle ich zu den Ruten um den schleimigen Quälgeist einzukurbeln. Die vermeintliche Brasse kämpft etwas stärker als erwartet und verwandelt sich im Kescher zu einem kleinen, schön beschuppten Karpfen. Na immerhin!
Beim erneuten Werfen der Rute fällt mir erneut die einzigartige Schönheit dieser Stadt auf. Kleine Wege verlaufen an den Ufern der Kanäle. Hohe, alte Bäume säumen diese, hübsche Joggerinnen schenken mir ab und zu ein Lächeln und Vögel zwitschern betörende Melodien. Als hätte sich die Stadt im Morgengrauen in eine andere Welt verwandelt. Auch wenn die Angelei nicht besonders ertragreich ist, wünsche ich mir keinen anderen Ort, um diesen Morgen zu verbringen.
Die kommenden Tage verliefen im gleichen Rhythmus: Aufregend, anstrengend und ermüdend. Wenig schlaf, vereinzelte Bisse, laute doch nette Studenten und ständig gleißendes Licht brachten mich ans Limit. Nur unter dem Adrenalin von häufigen Bissen hätte ich länger ausgehalten. Doch da dies nicht den Gegebenheiten der Situation entsprach beschloss ich die kommenden Tage an einem komplett anderen Ort zu verbringen. Der Wind wehte mich heraus aus der Stadt, in wildere Gefilde. Doch will ich euch davon nächste Woche berichten.
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