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Guido Richard: Sommer-Flusskarpfen

Guido Richard: Sommer-Flusskarpfen

Genau genommen galt im Sommer mein Fokus noch nie wirklich dem Karpfen. Im Lauf des Frühjahrs sinken Lust und Motivation, das Karpfenfischen ist nicht mehr allzu präsent und Fliegenfischen sowie Raubfischangelei genießen Priorität. Letzteres bestätigte sich auch in diesem Jahr mit mehreren Trips nach Italien, Slowenien, Österreich und das Rheindelta, wo ich den großen Hechten nachstellte.

An einem Sommerabend 2022 hatte ich einen netten Welsangler kennengelernt. Wir verstanden uns auf Anhieb gut und sprachen viel über die Angelei in unserer Region. Er erzählte mir dabei, wie gerne er einen kleinen Fluss mit dem Bellyboat hinuntertrieb und dabei bei niedrigem und klarem Wasser Welse auf Sicht beangelte. Ich kannte den Fluss gut, hatte ich dort in meiner Jugend doch oft auf Karpfen gefischt.

Während unserem Gespräch erwähnte er, dass er auf einem der vielen kleinen Flussabschnitte regelmäßig große Karpfen beobachtete, die er auf über 20kg schätzte. Das war eine echte Hausnummer für diesen Fluss, denn die überwiegende Zahl der Fische waren Spiegler um die 10-12kg, mit ein paar besseren Fischen um die 16-17kg. Natürlich war damals schon mein Interesse geweckt und ich speicherte die Info – bis diesen Sommer.

Nach einem schwierigen Frühjahr wuchs im Juli allmählich die Lust, mal wieder Karpfenangeln zu gehen. Und so erinnerte ich mich an den Welsangler mit seinem Bellyboat … und an seine Sichtungen! Der damals angesprochene Fluss sollte mein nächstes Ziel werden; vielleicht konnte ich ja einen der von ihm erwähnten Großfische lokalisieren und fangen.

Zunächst wollte ich die Strecke besser kennenlernen und dabei vielleicht schon die ersten Fische sehen. Der Abschnitt hat eine Durchschnittsbreite von ungefähr 50 Metern und ist circa 11 Kilometer lang – was lag da näher, als sich ein Kayak zu besorgen und an einem warmen Samstagnachmittag mit der Freundin entspannt lang zu paddeln?!

Leider konnte ich nicht viel sehen, denn dank des regnerischen Frühlings und Sommers war der Pegelstand hoch und das Wasser braun.

Dennoch gelang es mir, mir einen guten Überblick zu verschaffen und zwei Bereiche zum Angeln auszuwählen. Der erste lag in einer Innenkurve, wo im strömungsberuhigten Bereich ein mit Seerosen bewachsenes Plateau lag. Ich vermutete stark, dass die Fische sich tagsüber in den Seerosen aufhalten und abends ins tiefere Wasser abseits der Kurve schwimmen würden, wo ich sie vielleicht fangen könnte. Ich fütterte 5kg Nüsse und 5kg Boilies. Als zweiten Spot hatte ich mir ein Areal mit viel Holz und ruhigem, tiefem Wasser auserkoren, das ich ebenfalls vorfütterte.

Ich fütterte die Spots im Zweitagesrhythmus, wobei ich beim dritten Mal den ersten erwähnten Platz nur fütterte und den zweiten befischte. Leider konnte ich weder etwas fangen noch irgendeine Fischaktivität beobachten.

Weitere zwei Tage später fand ich mich in der Innenkurve wieder und machte es mir gemütlich. Eine Rute fischte ich mit Boilie direkt vor meinen Füßen, die zweite auf die gleiche Art, allerdings mit Tigernüssen. Zum Glück musste ich die Ruten nur sachte rauspendeln, denn aufgrund der Strömung musste ich ein zweites 200g-Blei in den Clip einhängen. So verbuchte ich noch vor Anbruch der Dunkelheit einen Döbel, eine Barbe und einen kleinen Wels – das Futter schien also zu wirken. Kurz nach Sonnenuntergang bekam ich erneut einen Biss und schon im Drill konnte ich fühlen, dass es sich diesmal um einen Karpfen handelte, der sich im Schein der Kopflampe als ein stattlicher Schuppi herausstellte …

Die Waage zeigte satte 23,5kg. Schnell fotografierte ich ihn und ließ ihn wieder seiner Wege ziehen, bevor ich mich zu einer ansonsten ereignislosen Nacht hinlegte. Was war das krass: In meiner Jugend hatte ich auf zahlreichen Strecken des Flusses um die 200 Karpfen gefangen, aber nie war einer über 20kg dabei gewesen. Der Welsangler hatte offensichtlich keinen Quatsch erzählt! Unfassbar, dass seine Mutmaßung so schnell bestätigt werden sollte.

Weitere drei Male fütterte ich im Abstand von zwei Tagen weiter, bevor ich mit meinem Freund Laurent erneut für eine Nacht raus ging. Diesmal konnten wir drei Fische verbuchen, der größte davon war ein wunderschöner, runder Spiegler mit 19kg.

Bis Ende September stellte ich sowohl das Füttern als auch Angeln auf Karpfen ein. Aber ich gehe fest davon aus, dass ich in Zukunft wieder etwas mehr Zeit an diesem Fluss verbringen werde. Wer weiß, was für gewichtige Überraschungen noch in diesem Abschnitt auf mich warten?! Warum sie nur auf diesem Teilstück so groß werden? Ich weiß es nicht. Und wer weiß, vielleicht schwimmen ja auch auf den anderen Abschnitten ein paar Ausnahmefische, die ich bisher einfach noch nicht gesehen oder gefangen habe.

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