Fast jedes Jahr ist es das Gleiche. Ende August verabschiedet sich zum ersten Mal die ganz große Hitze – zumindest für ein paar Tage. Und in genau diesen Tagen hauen die Karpfen so richtig rein, denn das Wasser ist noch warm, ihr Stoffwechsel ist im Anschlag und das Tiefdruckwetter plus eine extra Portion Sauerstoff durch die sinkenden Temperaturen ist genau das, worauf Fisch und Fischer schon viele Wochen gewartet haben.
Das Jahr 2020 schien wettermäßig einiges verzögerter und so zeigte sich dieser Wetterwechsel erst am 31.August. Was mich nicht weniger heiß aufs Angeln machte, im Gegenteil. Zu dieser Zeit besuchte ich meinen Freund Matija in Slowenien, der keine Stunde vom Bleder See entfernt wohnt. Und wie es der Zufall wollte, war auch Jakob, durch dessen Adern ein nicht uninteressanter, deutsch-slowenischer Cocktail fließt, gerade in Slowenien in den Bergen und ich konnte ihn davon überzeugen, dass der Moment für eine geile, gemeinsame Angelsession gekommen war. Mehr als einen Tag wollte er sich bei den dort üblichen horrenden Tageskartenpreisen allerdings nicht leisten und so entschlossen wir uns am Abend vorher bereits eine Runde um den 145 ha großen See zu laufen, zu beobachten, zu fühlen und bereits zu füttern, um dann irgendwo in der Karre zu pennen und am nächsten Tag effektiv im erwarteten Regen zu angeln.
Es war noch dunkel als wir uns auf in Richtung Wasser machten. Die Ruten waren schnell geworfen und das Warten auf der Parkbank begann. Zugegebenermaßen war ich persönlich nie ein Fan vom Bleder See. Der Faktor Abenteuer fehlte mir dort komplett. Bis ich letztes Jahr – aus einer spontanen Entscheidung heraus – dort zum ersten Mal angelte. Der Ort hat wirklich etwas Besonderes, der majestätische Natursee strahlt Ruhe und Schönheit aus. Die alten Bäume, sehr schön angelegten Parks, die Insel mit der magisch läutenden Glocke, die Wolken aus den Bergen und die besonderen Lichtverhältnisse können einen wirklich verzaubern – sofern man mit der Masse an Touris klar kommt. Und die Karpfen? Sie gehören zu den stärksten, die ich je an der Angel hatte. Dazu sieht quasi jeder Karpfen anders aus und es gibt richtig viele Fische mit ganz besonderen Charakteristiken – und richtige Fettner natürlich auch. Also warteten wir auf einer gemütlichen Bank in einer schönen Parkanlage auf schöne Karpfen aus einem schönen See. Ein bisschen “Wellness” darf ja auch mal sein.
Ihr kennt das: Wenn man auf einen Biss wartet, mit den Ruten im Blick, können Stunden manchmal lang werden. Und so war es auch an diesem Tag. Der erste Biss kam nach einer gefühlten Ewigkeit mit dem einsetzenden Regen um halb fünf nachmittags. An Jakobs Rute hing ein kleiner und für den Bleder See relativ schlanker Spiegler mit ca. zehn Kilo. Der Anfang war gemacht und wir wussten, dass bis um elf Uhr abends (das Ende des Tagangelns) noch viel möglich war. Tatsächlich mussten wir uns nur noch eine Stunde gedulden bis sich mein Carp Sounder meldete. Auch für mich begann der Tag erstmal klein und Bled-untypisch schuppig.
Jetzt regnete es wie aus Eimern und während wir uns unterm Schirm verkriechen mussten, kamen Matija und Luka mit vier Pizzen auf einen Besuch vorbei. Richtig genießen konnte ich meine Pizza allerdings nicht, da ich gleich den nächsten Biss bekam. Ein vielversprechender Drill fand sein Ende, als ein besonders gefärbter und beschuppter Spiegler von Mitte zwanzig Pfund in den Kescher glitt. Das war um kurz vor sieben. Die Rute war dank eines bereits vorgebundenen und beköderten Vorfachs schnell wieder auf dem Spot und ich konnte mich endlich meiner Pizza widmen. Kaum war diese verspeist, bekam ich schon den nächsten Biss um viertel nach sieben. Ein krasser Drill ließ einen größeren Fisch vermuten und tatsächlich kam ein langer und kräftiger Fisch mit ca. Ende 30 Pfund zum Vorschein. Die Stimmung war jetzt richtig gut!
Doch stellte sich mit dem Ende unserer Nahrungsaufnahme scheinbar auch der Hunger der Karpfen wieder ein. Fast drei Stunden mussten wir auf den nächsten Biss warten. Doch der lohnte sich so richtig. Wir hatten es uns wieder unter dem Schirm gemütlich gemacht, als Jakob um kurz nach zehn einen langsam startenden Dauerton bekam. Im strömenden Regen meinte er immer wieder, dass das nur eine Brasse oder irgendwas Kleines sei. Ich könnte mich ruhig wieder ins „Trockene“ begeben, meinte er. Von wegen! Nach kurzem und wirklich sehr unspektakulären Drill war die Überraschung groß als zum Abschluss des Tages der so sehr erhoffte Bleder Bulle hochkam. Es war ein für diesen See so typischer, wirklich steinalter Two-Tone Spiegler mit 47 Pfund. Genau so einen wollten wir! What a day!
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