Alexander Kobler

Zwölf Monate Karpfenangeln: Magischer Oktober

Zwölf Monate Karpfenangeln: Magischer Oktober

Der anfänglich noch heiße September mit Temperaturen von über 30 Grad kippte in Süddeutschland in der zweiten Septemberwoche, wurde nass und windig und schenkte uns statt spätsommerlich warmen Tagen feinstes Angelwetter. Wie erwartet fraßen die Karpfen wie wild und es wurde einem beim Angeln garantiert nicht langweilig. Ich beobachtete in zwei Gewässern und hörte es auch von anderen Anglern: Die Karpfen sind noch ziemlich schlank und „leer“ für die Jahreszeit und es scheint, als ob sie über den Sommer nicht sehr viel gefressen haben. Dementsprechend fressen sie aktuell wie die Scheunendrescher.

 

 

Und so kommen wir auch in den Oktober: mit Angelwetter, es ziehen immer wieder Tiefs übers Land, und guten Bedingungen, um viele Bisse zu bekommen. Da hat sich erst einmal gar nichts verändert zum September. Wir hatten zwar schon zwei Nächte mit Temperaturen, die schon fast an der 0 kratzten, wir scheinen aber noch Wochen von wirklichem Frost entfernt zu sein. Trotzdem reichen der Wind und die kühleren Temperaturen, um das Wasser weiter zu durchmischen und die Karpfen immer tiefer im Gewässer Nahrung suchen zu lassen.

 

Jetzt dreht sich alles um die geliebten Zuckmückenlarven, die über den Sommer nicht gefressen werden konnten, weil sie sich in Gewässerbereichen aufhielten, in denen zu wenig Sauerstoff für Karpfen ist. Zuckmückenlarven (bloodworms) haben nämlich so viel Hämoglobin, dass sie mit geringsten Mengen an Sauerstoff auskommen. Dadurch entziehen sie sich den Karpfen (und Weißfischen) über den Sommer. Ab Oktober, wenn sich die Wassersäule wieder komplett durchmischt, geht es ihnen aber richtig an den Kragen. Bald ist auch in den tiefsten Bereichen der Gewässer, über stinkendem Schlamm, genug Sauerstoff für das gierige Gründeln der Karpfen nach den proteinreichen Larven. Jetzt braucht man keine Angst mehr vor schwarzem Schlamm zu haben. Im Laufe des Oktobers suchen sie immer tiefere Bereiche der Gewässer auf. Und das ist nicht nur in Deutschland so. Auch in den Stauseen Südfrankreichs (genauso wie in Italien und Spanien) darf man jetzt gern ein paar Etagen tiefer angeln, als man es übers Jahr gewohnt ist. Denn auch dort durchmischt sich das Wasser durch die Herbstwinde und das kältere Wetter.

 

Vor einigen Jahren beobachtete ich in einem südfranzösischen Stausee wie Karpfen über den tiefsten Bereichen (30 Meter Tiefe) immer wieder sprangen. Meine Ruten lagen schon tief und zwischen 15 und 18 Metern, genau am Übergang zu den schlammigen Bereichen. Auf 15 Metern hatte es noch felsigen Untergrund, während die 18 Meter Rute im Schlamm lag. Ich bekam auch Bisse auf 18 Meter, doch was weiter draußen abging und wie viele Karpfen tiefer sprangen, machte deutlich, dass ich noch nicht tief genug angelte. Also arbeitete ich mich in tieferes Wasser vor und bekam genau auf diese Rute schnell wieder einen Biss. Als ich einen großen, alten Fisch jedoch auf 22 Metern Tiefe hakte, bekam dieser sichtlich Probleme mit dem Druckausgleich nach der Landung. Seine Schwimmblase war so voller Luft, dass er im Kescher richtig auftrieb und sein Rücken einige Zentimeter über die Wasseroberfläche herausschaute. Es dauerte lang bis er das Übermaß an Luft loswurde und er mit Mühe und Not nach dem Zurücksetzen wieder abtauchen konnte. Die flacheren Ruten brachten aber einfach keine Bisse uns es war ausschließlich die tiefste Rute, die Bisse brachte.

 

Um den Karpfen so wenig wie möglich zu schaden, entschied ich mich irgendwann, sie nach einem schnellen Schnappschuss im Boot gleich nach der Landung über tiefem Wasser zurückzusetzten. Dann schafften sie es mit ihrer Restpower nach dem Drill schnell wieder in die Tiefe abzutauchen. Doch auch das fühlte sich nicht gut an und war mit einem Risiko verbunden. Es dauerte noch zwei, drei Karpfen und ich beendete die Session frühzeitig. Es war ein komisches Gefühl, weil ich ja verstanden hatte, wo ich Karpfen fangen konnte, es dort aber einfach nicht möglich war, wenn ich fischgerecht angeln wollte.

 

 

In keinem anderen Monat als dem Oktober fressen Karpfen so tief. Und diese Phase hält nur so lang an, wie es noch genug Zuckmückenlarven im tiefen Schlamm hat. Wenn die meisten gefressen wurden, suchen Karpfen wieder flacher nach Nahrung. Dieser Wechsel findet oft schon im November statt und man fängt Karpfen im Winter zumeist wieder deutlich flacher. Also habt keine Angst vor dem schwarzen Schlamm und tastet euch langsam in das untere Drittel des Gewässers.

Petri Heil,

Euer Alex

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